Arbeitszeugnis
"Qualifizierte" Arbeitszeugnisse sind für Arbeitnehmer sehr wichtig. Sie spielen im Auswahlverfahren bei Stellenausschreibungen immer noch eine große Rolle. Aus unserer Sicht werden Arbeitszeugnis immer noch überbewertet.
Für Arbeitgeber sind Arbeitszeugnisse natürlich auch immer noch wichtig. Dies gilt vor allem dann, falls sie so leichtgläubig waren, und die Zeugnisse unbesehen der Personalauswahl zugrunde legten.
Das tun aber immer weniger Arbeitgeber. Ein kluger Arbeitgeber glaubt keinem Zeugnis. Gute Zeugnisse sind oft vom Arbeitnehmer selbst entworfen und vom Arbeitgeber nur unterzeichnet.
Schlechte Zeugnis sind oft ein Akt der Rache. Sie sagen also objektiv nichts Richtiges über den Arbeitnehmer aus. Schlechte Arbeitszeugnisse sollten für den Arbeitgeber allenfalls Anlass sein, mit dem Bewerber im Auswahlverfahren über diesen Punkt zu sprechen.
Gesetzlicher Anspruch auf ein Arbeitszeugnis
Das Gesetz - die Gewerbeordnung und das Bürgerliche Gesetzbuch - gibt dem Arbeitnehmer einen Anspruch (§ 109 GewO, § 630 BGB) auf Erteilung eines einfachen oder eines qualifizierten Zeugnisses. Von einem qualifizierten Zeugnis wird gesprochen, wenn es nicht nur Art und Dauer der Tätigkeit beschreibt, sondern auch Leistung und Verhalten.
Beispiel eines einfachen Arbeitszeugnisses
Das (qualifizerte) Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein, ohne verdeckte negative Bewertungen und es soll den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen fördern. Andererseits ist der Arbeitgeber zur Wahrheit verpflichtet.
Klage wegen Arbeitszeugnis
Streitigkeiten über Zeugnisinhalte sind jedoch sehr unerquicklich, auch weil für die Arbeitnehmer dabei wichtige Zeit vergeht.
Aus dem Jahr 1985: sehr gutes Zeugnis (ersteSeite) für Dr. Kunzmann, heute Fachanwalt für Arbeitsrecht - wer wird diesem Zeugnis glauben? - Es wurde nicht eingeklagt!
Was nützt es ihm aufgrund eines Gerichtsurteils nach zwei Jahren ein hervorragendes Zeugnis zu erhalten?
Die verlorene Zeit und den dadurch möglicherweise entstandene Schaden erhält er von niemandem ersetzt.
Wer um sein Arbeitszeugnis bei Gericht streiten muss, hat deshalb immer schon sehr viel verloren.
Zeitpunkt für Arbeitszeugnis
Der Zeitpunkt der Verhandlung über das Zeugnis entscheidet So ist es immer hilfreich, beizeiten ein Zwischenzeugnis zu fordern.
Der Zeitpunkt der Verhandlung über das Zeugnis entscheidet So ist es immer hilfreich, beizeiten ein Zwischenzeugnis zu fordern.
Wir sind deshalb im Interesse des Mandanten bestrebt, bei Kündigungs- oder anderen Beendigungsstreitigkeiten das Zeugnis rechtzeitig mit zu erledigen.
Hier erreichen wir schnelle und bessere Ergebnisse: der Arbeitgeber steht noch unter dem Druck des Problems, das Arbeitsverhältnis möglichst schnell und nicht zu teuer zu beenden. Das lässt er an einer Formulierung im Zeugnis kaum scheitern.
Steht das Ende des Arbeitsverhältnis erst fest, werden Zeugnisstreitigkeiten unerquicklich.
Arbeitszeugnis mit persönlicher Note
Bei Zeugnissen ist für uns sehr wichtig, dass diese nicht wie aus dem Formularbuch oder aus dem Internet gezogen wirken, sondern individuelle Ausprägungen haben, insbesondere auch die Tätigkeit des Mandanten möglichst informativ beschrieben ist. Dies ist oft wichtiger als ein inflationär abgenutztes "stets zu unserer allervollsten super-turbo Zufriedenheit".
Anspruch an den Inhalt des Zeugnisses
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt und ihn in seinem beruflichen Fortkommen nicht hindert.
Der Teufel liegt bekanntlich auch hier im Detail, nicht nur in provozierenden Formulierungen wie "interessierte sich sehr für die Aufgabenstellung" (statt: "erledigte die Aufgaben zügig" ).
Seite 2 des sehr guten Arbeitszeugnisses von 1985 für Dr. Kunzmann
Wird um das Zeugnis bei Gericht gestritten, so muss der Arbeitnehmer die Güte seiner Leistung beweisen, falls diese über dem Durchschnitt liegen soll. Bei Gericht mehr als "befriedigend" zu erreichen, ist also ein schwieriges Unterfangen, aber nicht aussichtslos. Besser ist es immer, sich rechtzeitig um sein Zeugnis zu kümmern.
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Sozialrecht Oliver Derkorn
Oliver Derkorn ist seit 1999 Rechtsanwalt, seit 2003 Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit 2014 Fachanwalt für Sozialrecht.