Namensliste, Kündigungsschutz und Abfindung
Das Wort “ Namensliste “ hört sich vielleicht harmlos an. Dahinter verbirgt sich jedoch eine arbeitsrechtliche Grausamkeit. Deshalb wird im Meinungsstreit auch der Begriff “Exekutionsliste” oder “Todesliste” benutzt.
Kurz gesagt geht es darum, dass der Arbeitgeber und der Betriebsrat gemeinsam die Namen festlegen der Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz verlieren sollen. Diese Namensliste schränkt den Rechtsschutz gegen Kündigungen sehr ein.
Wie funktioniert die Namensliste? Sie hängt zusammen mit Kündigungsschutz und Sozialauswahl
Kündigungsschutz und Sozialauswahl
Die Funktion der Namensliste ist nur vor dem Hintergrund des allgemeinen Kündigungsschutzes zu verstehen:
Betriebsbedingte Kündigungen sind im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nur sozial gerechtfertigt,
- wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen ist oder wegfällt und
- die soziale Auswahl ordnungsgemäß ist.
Im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes kann der Arbeitnehmer die Kündigung gerichtlich überprüfen lassen. Hierzu ist eine Klage erforderlich, die innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Gericht eingegangen sein muss.
Grundsätze der Sozialauswahl
Bei der Sozialauswahl sind Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung der Arbeitnehmer “ausreichend” zu berücksichtigen, § 1Abs. 3 KSchG.
Die Folge ist, dass der Arbeitgeber eher jüngeren Arbeitnehmern kündigen müsste und ältere Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz behalten können.
Viele Arbeitgeber bevorzugen jedoch jüngere Arbeitnehmer und schätzen die Qualitäten bewährter, auf Jahrzehnten im Betrieb gereifter älterer Arbeitnehmer geringer.
Jeder Arbeitnehmer kann deshalb im Kündigungsschutzprozess geltend machen, dass
- sein Arbeitsplatz überhaupt nicht weggefallen ist.
- jedenfalls die Sozialauswahl fehlerhaft war und er deshalb benachteiligt wurde.
Beweislast ohne Namensliste: Vorteile beim Arbeitnehmer
Dabei muss der Arbeitgeber den Wegfall des Arbeitsplatzes gegenüber dem Gericht darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dies ist für den Arbeitgeber oft sehr mühsam und schwierig.
Bei der Sozialauswahl liegt zwar die Beweislast beim Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muss jedoch auf Aufforderung des Arbeitnehmers die Gründe darlegen, die zur sozialen Auswahl führten. Er muss also offen legen, wie die Sozialauswahl erfolgte.
Dies führt nun in der täglichen Praxis bei den Arbeitsgerichten nicht unbedingt dazu, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz behält. Aber er hat zumindest die realistische Chance, eine höhere Abfindung zu erzielen. Der Arbeitgeber riskiert immer die Nachzahlung des Lohnes.
Wunderwaffe der Arbeitgeber: die Namensliste
Mit der Einführung des Instruments Namensliste folgte der Gesetzgeber dem Drängen der Arbeitgeber und stellte diese Regeln praktisch auf den Kopf:
Gesetzliche Vermutung: Namensliste = Arbeitsplatz weggefallen
Ist der Name des Arbeitnehmers auf der Namensliste aufgeführt, so wird per Gesetz vermutet, dass sein Arbeitsplatz weggefallen ist. Der Arbeitnehmer muss also den vollen Gegenbeweis führen. Dies wird allein deshalb schon sehr schwierig, weil er den hierzu erforderlichen Einblick in den Betrieb und seiner Organisation nur eingeschränkt hat.
Sozialauswahl "light" - schwierig zu überprüfen
Auch die soziale Auswahl wurde abgeschottet: sie kann nur noch “auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden”, § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG.
Häufig resignieren deshalb die Arbeitnehmer und ihre Rechtsanwälte vor einer Namensliste. Dies ist aber nicht gerechtfertigt.
Natürlich wird der Kampf für die Arbeitnehmer nicht einfacher, wenn eine Namensliste existiert. Aber wofür sonst verdient sein Rechtsanwalt sein Honorar?
Papiertiger Namensliste
Aber es gibt gute Aussichten, dennoch zu obsiegen oder zumindest eine ordentliche Abfindung zu erreichen, zusätzlich zu Ansprüchen aus einem Sozialplan.
Ansatzpunkte für den erfolgreichen Kampf gegen eine Namensliste sind zum einen die Formalien. Hier hat der Gesetzgeber eine Reihe von Erfordernissen aufgestellt, die in der Praxis oft ignoriert werden.
Zum anderen ist die Namensliste kein Freifahrtschein für Arbeitgeber. So wird sie aber oft verstanden.
Auch bei einer Namensliste muss der Arbeitsplatz weggefallen sein und es muss die soziale Auswahl ordnungsgemäß sein.
Die aktuelle gesetzliche Regelung mit der Namensliste verführt erfahrungsgemäß viele Arbeitgeber.
Soziale Auswahl bei den Namenslisten häufig grob fehlerhaft
Nach unseren Erfahrungen ist in mehr als der Hälfte der Fälle in den Namenslisten die soziale Auswahl fehlerhaft.
Manchmal sind diese Fehler schon sehr krass: in Verhandlungen zum Sozialplan einer Betriebsschließung schlug zum Beispiel der Arbeitgebervertreter vor, eine Namensliste zu erstellen, die lediglich die Namen der Mitarbeiter enthielt, die am ältesten waren und die längste Betriebszugehörigkeit aufwiesen, siehe unseren Erfahrungsbericht über die Verhandlungen zum Interessenausgleich und Sozialplan bei einer Betriebsstilllegung.
Trotz Namensliste im Interessenausgleich hohe Abfindung möglich
In einem anderen Fall stellte sich heraus, dass der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat vereinbarten, Lebensjahre und Betriebszugehörigkeit nur bis zum 50. Lebensjahr zu berücksichtigen.
Auch diese Sozialauswahl in der Namensliste dürfte grob fehlerhaft gewesen sein. Der Arbeitgeber spürte sein Risiko, den Lohn wegen Annahmeverzug nachzahlen zu müssen. Jedenfalls erreichten wir in einer Verhandlung ohne Urteil des Arbeitsgerichts, dass 120 % auf die Abfindung drauf gepackt wurden.
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Beachten Sie, dass in vielen Rechtsangelegenheiten Fristen laufen, deren Versäumen Ihnen zum Nachteil gereichen kann. Diese Fristen können oft sehr kurz sein. Es gibt Maßnahmen, die müssen "unverzüglich" ergriffen werden. "Unverzüglich" heißt nach der gesetzlichen Definition: ohne jegliches schuldhaftes Zögern. Bereits Fahrlässigkeit genügt als Schuld.