Die Abfindung im Arbeitsrecht
Das Thema Abfindung bewegt nicht nur im Arbeitsrecht die Gemüter. Wenn man von einer Abfindung in Millionenhöhe in der Presse liest, dann ist es sehr bitter, dass man als Arbeitnehmer nicht auch eine solche Abfindung erhält. Erst recht, wenn diese Abfindung an Topmanager bezahlt werden, die ausscheiden, weil sie niemanden überzeugten.
Viele Mandanten - auch Arbeitgeber - sind überrascht, von uns hören zu müssen, dass es kein Anspruch auf eine Abfindung gibt.
In vielen europäischen Ländern (z.B. Italien, Spanien, Portugal) gibt es solche gesetzliche Abfindungsregeln, nicht aber in Deutschland. Hier ist grundsätzlich kein Arbeitgeber verpflichtet, bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung zu zahlen.
Dennoch wird in geschätzten 80% der Fälle eine Abfindung gezahlt, spätestens wenn die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht anhängig ist. Leider sind hier selten Hunderttausende oder gar Millionen Euro zu erzielen. Doch auch das gibt es beim Arbeitsgericht manchmal.
Abfindung? Verhandlungssache!
Gute Anwälte versuchen, bereits außergerichtlich für ihre Arbeitnehmermandanten eine Abfindung zu erzielen. Auch wir beurteilen die Qualität anderer Rechtsanwälte mit danach, wie viel sie denn für ihre Mandanten als Abfindung herausgeholt haben und wie geschickt sie um die Höhe der Abfindung verhandelt haben.
Auf Arbeitgeberseite muss man sich häufig mit dem Gedanken einer Abfindung doch befreunden, auch wenn die Rechtslage scheinbar anders ist. Das finanzielle Risiko eines über Monate oder Jahre geführten Kündigungsrechtsstreits wächst stetig. Hinzu kommt, dass ein Unternehmer eigentlich etwas unternehmen soll und nicht Prozesse führen. Dies blockiert in kleineren Betrieben ja auch die Geschäftsleitung.
Höhe der Abfindung
Wie viel Abfindung steht dem Arbeitnehmer nun zu? Wie bereits gesagt: im Gesetz gibt es keine Abfindungsregel, mit zwei kleinen Ausnahmen: in äußerst seltenen Fällen (weniger als 1% der Kündigungsschutzklagen) setzt das Arbeitsgericht eine Abfindung fest, §§ 9, 10 KSchG. Diese gesetzliche Abfindung geht bis zu zwölf Monatsgehälter, bei älteren Arbeitnehmern und sehr langer Betriebszugehörigkeit kann die Höhe der Abfindung sogar 18 Monatsbezüge erreichen.
Fachanwalt für Arbeitsrecht und für Sozialrecht Oliver Derkorn
Oliver Derkorn ist seit 1999 Rechtsanwalt und seit 2003 Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit 2014 Fachanwalt für Sozialrecht
Eine weitere Ausnahme findet sich in Sozialplänen. Ein Betriebsrat kann mit dem Arbeitgeber in einem Sozialplan vereinbaren, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Abfindungen zu bezahlen sind. Nur im Insolvenzverfahren gibt es hier gesetzliche Regeln zur Höhe der Abfindung,
Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Schließlich hat der Gesetzgeber noch eine recht unsinnige Vorschrift eingeführt, § 1a KSchG. Aber sie erfreut sich großer Beliebtheit.
Nach § 1a KSchG kann der Arbeitgeber mit der Kündigung das Versprechen verbinden, eine Abfindung zu bezahlen. Nur: Abfindungen anbieten konnte er auch schon, bevor der Gesetzgeber diesen überflüssigen Paragrafen schuf.
In diesem § 1a KSchG hat der Gesetzgeber im Übrigen die übliche Praxis aufgegriffen: es gibt eine so genannte Regelabfindung.
Die Abfindungsformel
Die Praxis hat zur Höhe der Abfindung diese allgemeine Formel entwickelt, die für jedes Jahr der Beschäftigung ein halbes Bruttomonatsgehalt zugrunde legt. Wer also acht Jahre im Betrieb war, würde vier Bruttogehälter als Abfindung erhalten.
Nach wie vor: dies ist nur eine Faustregel, also nur ein Anhaltspunkt. Und nicht alle Arbeitsgerichte wenden diese Formel an.
Mit Verhandlungsgeschick und raffinierte Taktik kann die Abfindung viel höher werden. Die Abfindung kann aber auch erheblich zusammenschrumpfen.
So hatten wir schon für einen Mandanten nach knapp zwei Monaten Arbeit vier Monatsgehälter Abfindung erzielt. Dabei hat er eigentlich noch gar keinen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber hatte hier einen schwerwiegenden Fehler gemacht: die Kündigung war unwirksam. Nun hat er die Wahl, ob er für vier Monate den Lohn nachbezahlt und das von ihm nicht gewünschte Arbeitsverhältnis fortsetzt oder eben diese Abfindung akzeptiert.
Wir haben aber auch erlebt, dass selbst nach langer Betriebszugehörigkeit nur eine symbolische Abfindung zu zahlen war, zum Beispiel für ältere Arbeitnehmer, die praktisch berufsunfähig wurden. Hier hatte der Arbeitgeber keinen Anlass, sich auf eine höherer Abfindung einzulassen.
Wir haben aber auch erlebt, dass selbst nach langer Betriebszugehörigkeit nur eine symbolische Abfindung zu zahlen war, zum Beispiel für ältere Arbeitnehmer, die praktisch berufsunfähig wurden. Hier hatte der Arbeitgeber keinen Anlass, sich auf eine höherer Abfindung einzulassen.
Diese Extremfälle zeigen, welcher Spielraum es für die Abfindung in der Praxis geben kann.
Die Super-Abfindungen
Wie kommen nun Millionen-Abfindungen zustande?
Geldkiste mit Abfindung - aus unserer Kinowerbung "Millionenabfindung"
Typisch für Super-Abfindungen sind Manager und Profi-Trainer, vor allem im bezahlten Fußball:
Sie haben immer befristete Anstellungsverträge. Nun ihre Leistung ist oft nicht so, wie man es von ihnen erwartet. Nur einer kann Meister werden, drei steigen ab.
Dies ist aber kein Grund für eine Kündigung. Also wird mit Manager oder Trainer vereinbart, dass er sofort ausscheidet, die restliche Vergütung für die Laufzeit des Vertrages wird als Abfindung gezahlt, mit einem kleinen Abschlag.
Beim Fußballtrainer ist die im Abstiegsplatz dokumentierte Erfolglosigkeit kaum ein bei Gericht durchsetzbarer Kündigungsgrund. Auch der abstürzende Gewinn und vor allem mit den Aktienkursen sind beim Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft zwar bitter, aber kein Kündigungsgrund.